Egle lässt nach Sperre Zukunft offen

Madeleine Egle hat 2023 drei Dopingkontrollen verpasst und wird dafür rückwirkend mit 01.03.2025 für 20 Monate gesperrt. Damit ist der ÖRV-Athletin eine Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 2026 in Cortina d’Ampezzo nicht möglich. Ein Karriereende ist nicht ausgeschlossen.

Nach einer Verfahrensdauer von knapp 20 Monaten weiß Madeleine Egle damit endlich, woran sie ist. Die zweifache Olympia-Medaillengewinnerin, die am 21. August ihren 27. Geburtstag hatte, blickt auf eine psychisch extrem herausfordernde Zeit zurück und einer ungewissen Zukunft entgegen. Ob die Tirolerin nach Ablauf der Sperre in den Eiskanal zurückkehrt, ist offen.
 
Unverständnis und Enttäuschung
Am 01.02.2024 wurde Madeleine Egle von der NADA Austria schriftlich in Kenntnis gesetzt, dass am 20.12.2023 ein Kontrollversäumnis (Missed Test) festgestellt wurde. Die Beschuldigte übermittelte daraufhin am 28.02.2024 einen Überprüfungsantrag an die Unabhängige Schiedskommission (USK), mit dem die Entscheidung der NADA Austria vom 01.02.2024 angefochten wurde.
Nach zwei Anhörungen und einer Untersuchungsdauer von fast einem Jahr bestätigte die USK am 21.02.2025 das Urteil der NADA und damit den dritten Missed Test der Tirolerin im Jahr 2023. Der anschließend übermittelte Entscheidungsentwurf der im Auftrag des Internationalen Rodelverbandes agierenden International Testing Agency (ITA) sah die Aberkennung sämtlicher seit 20.12.2023 erzielten Erfolge, damit verbundene wirtschaftliche Sanktionen und eine Sperre von 24 Monaten vor. Dieser Entscheidungsentwurf wurde vom Internationalen Rodelverband (Fédération Internationale de Luge), der die Möglichkeit hat das Strafausmaß zu hinterfragen und Korrekturen vorzunehmen, in erster Konsequenz als solcher akzeptiert.
 
Egle nahm den Entscheidungsentwurf nicht an, intervenierte bei der ITA ob der Unverhältnismäßigkeit hinsichtlich des Strafausmaßes und des Sanktionszeitraumes von 3,5 Jahren. Auf Druck des Österreichischen Rodelverbandes und nach einer weiteren Sitzung der FIL- Exekutive ersuchte in Folge auch der Internationale Rodelverband die ITA den Entscheidungsentwurf zu überdenken - wobei weder eine Empfehlung noch eine Vorgabe ausgesprochen wurde.
 
Ein nunmehr neu vorliegender Entscheidungsentwurf sieht eine Reduzierung der Sperre auf 20 Monate vor. Zudem werden die seit 20.12.2023 erzielten Erfolge und gewonnenen Medaillen, unter anderem der EM-Titel von 2024, nicht aberkannt. Von einem weiteren Einspruch und einer Intervention beim Internationalen Sportgerichtshof (Court of Arbitration/CAS) wurde Egle aufgrund der finanziellen Zusatzbelastung und der Aussichtlosigkeit auf Erfolg abgeraten - damit akzeptierte die Tirolerin diesen Entscheidungsentwurf.
Fakt bleibt, dass der Team-Welt- und Europameisterin sowie 16-fachen Weltcupsiegerin, die in ihrer Karriere bei über 50 Dopingkontrollen keinen positiven Test abgegeben hat, aufgrund der Missed Tests und ausgesprochenen Sperre eine dritte Olympiateilnahme in Folge verwehrt bleibt. Für Egle, aber auch das heimische Rodelteam eine absolute Hiobsbotschaft, denn die heimischen Kunstbahn-Asse müssen damit bei den Winterspielen in Cortina im kommenden Februar im Damen-Einzel und dem Teambewerb ohne ihre vermeintlich stärkste Athletin antreten.
 
Stimmen:
Madeleine Egle
„Ich hätte nie mit einer derart harten Bestrafung gerechnet, meine Karriere liegt gefühlt in Trümmern, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Es war schon während des Verfahrens eine psychisch ungemein schwere Zeit, vor allem die Hearings waren sehr belastend, ich habe mich phasenweise gefühlt wie eine Schwerverbrecherin. Umso wichtiger ist mir in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass ich nie gedopt habe und alle Kontrollen in meiner Karriere negativ waren. Ja, ich habe Fehler gemacht, da meine im ADAMS hinterlegten Aufenthaltsinformationen im Detail nicht korrekt angegeben waren und als Missed Tests bewertet wurden. Das Kontrollsystem, so wichtig es auch ist, hat allerdings seine Tücken, auch was die App betrifft, bei der es immer wieder Schwierigkeiten mit dem Zugriff gab. Ich bin eine im Top Segment kategorisierte Athletin, die damit strengeren Regeln unterliegt und strikter kontrolliert wird. Ich habe die Verpflichtung, jeden Tag eine Stunde (Slot Time) erreichbar zu sein und mich an einem bestimmten Ort zu befinden, sowie drei bis fünf regelmäßige Tätigkeiten anzuführen, bei denen man mich auffinden kann - beispielsweise beim Training, an der Universität oder bei der Physiotherapie. Zusätzlich dazu muss man jeden Tag den Ort angeben, wo man übernachtet. Hierbei soll man das Programm bereits 3,5 Monate im Voraus ausfüllen, kann es dann aber bei etwaigen Änderungen wieder anpassen. Keine Frage, ich muss mir den Vorwurf machen hier nachlässig und zu sorglos gehandelt zu haben. Der ursprünglich vorgesehene Sanktionszeitraum von 3,5 Jahren hat mich völlig aus der Bahn geworfen, die Abmilderung des Strafausmaßes ist natürlich ein gewisser Lichtblick, aber unterm Strich bleibt die Tatsache, dass mir die Teilnahme an den Olympischen Spielen verwehrt bleibt. In Sportarten wie der meinen, wo du nicht das große Geld machst und kaum eine Bühne hast, sind die Olympischen Spiele das Maß aller Dinge. Ich habe hart darauf hingearbeitet, der Medaillentraum war realistisch, jetzt ist er geplatzt. Die Enttäuschung darüber ist schwer in Worte zu fassen. Es ist auch Wut dabei, denn für mich ist es einfach ungerecht.
 
Ich empfinde eine 20-monatige Sperre verglichen mit dem, was des Dopings überführte Sportler:innen zuletzt an Strafen ausgefasst haben, als unverhältnismäßig und hochgradig unfair. Es macht den Anschein, dass hier in der Entscheidungsfindung und Beurteilung eine Linie fehlt. Es war naiv zu glauben, dass sich die internationale Rodel-Familie für die Sache und Fairness einsetzt und nicht ausschließlich ihre Eigeninteressen wahrt. Meine Sperre ist für die Konkurrenz in Hinblick der Olympischen Spiele 2026 sicherlich eine gute Nachricht, so funktioniert das Business eben. Das ist unglaublich bitter, aber leider die nüchterne Realität. Mir ist auch bewusst, dass mein Statement und meine Meinung nichts an den Sanktionen ändern, aber ich möchte nicht schubladisiert und als gedopte Sportlerin wahrgenommen werden. Das entspricht einfach nicht den Tatsachen. Aktuell fühle ich eine große Leere, muss Abstand gewinnen und das alles erst sacken lassen. Vielleicht ist es das Ende meiner Karriere, ich kann einen Rücktritt vom Profisport jedenfalls nicht ausschließen.“
 
Markus Prock (ÖRV-Präsident)
„Wir wissen, dass Madeleine Egle eine saubere Athletin ist. Sie hat Fehler gemacht, aber keine die das Urteil, auch wenn das Ausmaß final reduziert wurde, auch nur ansatzweise rechtfertigen. Strafe muss sein, keine Frage, aber in diesen Dimensionen, das ist ein Wahnsinn. Wir haben im ÖRV alle Möglichkeiten ausgeschöpft und uns aus Überzeugung für die Sache und eine gerechte Sanktion eingesetzt. Ich bin selber Mitglied der FIL-Exekutiv-Kommission und natürlich emotional befangen, aber wir haben hier aus meiner Sicht eine Sportlerin der internationalen Rodel-Familie schlichtweg im Stich gelassen. Es ging nie darum eine Strafe zu umschiffen, sondern ein faires Urteil zu bewirken. Davon kann keine Rede sein. Wir müssen unsere Partnerschaft und Rolle innerhalb des Internationalen Rodelverbandes hinterfragen und werden intern erörtern welche Maßnahmen zu treffen sind.“
 
Christian Eigentler (ÖRV-Cheftrainer)
„Madeleine wird nicht für ein Dopingvergehen, sondern für Verwaltungsfehler brutal hart bestraft. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen, das kann und darf nicht sein. Ich bin vor allem vom Verhalten der FIL extrem enttäuscht. Sie sagen zwar immer, dass wir eine große Rodel-Familie sind, aber davon sind wir weit entfernt. Die Entscheidungsträger in den einzelnen Organen haben ihre nationale Brille auf und sind juristisch alles andere als Experten. Trotzdem haben sie es besser gewusst als die beratenden Anwälte und sind ihrer Verantwortung, eine ihrer Athletinnen vor einer ungerechten Strafe zu schützen, aus meiner Sicht einfach nicht nachgekommen. Madeleine tut mir extrem leid, es ist extrem bitter für sie und es ist natürlich auch ein schwerer Dämpfer für das Nationalteam und den heimischen Rodelsport. Wir verlieren in Hinblick Cortina 2026 nicht nur eine wichtige Leistungsträgerin, sondern auch eine absolute Führungspersönlichkeit. Es ist einfach ungerecht und sehr frustrierend.“
 

07.12.2024, Olympia Eiskanal, Innsbruck, AUT, Eberspaecher Rennrodel Weltcup, Igls, Einsitzer, Damen, 1. Lauf, im Bild Madeleine Egle (AUT) // Madeleine Egle of Austria during the 1st run of women's single seater competition of Eberspaecher Luge World Cup at the Olympia Eiskanal in Innsbruck, Austria on 2024/12/07. EXPA Pictures © 2024, PhotoCredit: EXPA/ Johann Groder